Gemeindeland in Gemeindehand: überparteilicher und unabhängiger Verein – ZVR-Zahl 1505804346
Redaktion: Dipl.-Ing. Leonhard Steiger, Forstwirt & Dr. Werner Lux, Jurist
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Der Terminus Gemeindegut stammt aus der Tiroler Gemeindeordnung (TGO). Erstmals wurde im provisorischen Gemeindegesetz von 1849 eine Trennung zwischen Gemeindevermögen und Gemeindegut vollzogen, allerdings ohne eine Definition der beiden Begriffspaare zu liefern. Aus dem Gesetzestext wurde aber deutlich, dass sowohl das Gemeindegut als auch das Gemeindevermögen im Eigentum der jeweiligen Gemeinde, nicht aber der einzelnen Gemeindemitglieder stand.
Das Charakteristikum des Gemeindegutes war die Belastung von Gemeindegrund mit Nutzungsrechten von mindestens zwei Nutzungsberechtigten, während das Gemeindevermögen unbelastet im Eigentum der Gemeinde stand. § 75 der Provisorischen Gemeindeordnung legte fest, dass „kein berechtigtes Gemeindeglied aus dem Gemeindegute einen größeren Nutzen zu ziehen habe, als zur Deckung seines Bedarfs notwendig ist. Jede nach der Deckung des Bedarfs erübrigende Nutzung hat eine Rente für die Gemeinde Kasse zu bilden.“ (Kaiserliches Patent vom 17.3.1849, RGBl Nr. 170/1849 § 75). Das Gemeindegut sollte also neben den Inhabern der Stammsitzliegenschaften allen berechtigten Gemeindemitgliedern zugutekommen. Die erste Tiroler Gemeindeordnung aus dem Jahr 1866 wiederholte die Bestimmungen von 1849 (Siegl, Die Entstehung der Agrargemeinschaften in Tirol unter besonderer Berücksichtigung der Gemeindegutsagrargemeinschaften [2009], S. 225 (veröffentlicht im „Jahrbuch für Geschichte des ländlichen Raumes“ [2009], S. 218 – 240).
1. Schon in seinem Erkenntnis vom 11.11.1954, VwSlg 3560 A, qualifizierte der Verwaltungsgerichtshof die oben angeführten Einwände als Versuch einer juristischen Konstruktion, die im Gesetz keinerlei Deckung finde, und sprach aus, dass
2. In seinem Erkenntnis vom 10.12.2010, VfSlg 19.262/2010 (II.A.2.3.6. der Entscheidungsgründe) führte der Verfassungsgerichtshof aus:
,,Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften könnte das Eigentumsrecht der beschwerdeführenden Agrargemeinschaft nur durch eine denkunmögliche Anwendung der gesetzlichen Vorschriften verletzt worden sein. Wenn die Agrargemeinschaft die behördliche Feststellung beantragt, ob bestimmte Grundstücke solche im Sinne des Erk. VfSlg. 18.446/2008 sind, so kommt es in erster Linie auf die Eigentumsverhältnisse im Zeitpunkt der Regulierung an, weil die dieses Erkenntnis tragenden verfassungsrechtlichen Erwägungen die Übertragung von Eigentum einer (politischen) Gemeinde auf eine Agrargemeinschaft durch den behördlichen Akt der Regulierung zum Ausgangspunkt haben. Dem trägt § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 idF LGBl. 7/2010 insofern Rechnung, als dort der Ausdruck „vormals“ auf den Zeitpunkt vor der Regulierung bezogen wird (arg.: ‚vormals im Eigentum einer Gemeinde gestanden sind, durch Regulierungsplan ins Eigentum einer Agrargemeinschaft übertragen wurden‘).“
3. Durch die mit 1.12.1938 für das „Land Österreich“ in Kraft gesetzte Deutsche Gemeindeordnung (DGO) wurden „Ortschaften, Fraktionen und ähnliche innerhalb einer Gemeinde bestehende Verbände, Körperschaften und Einrichtungen gemeinderechtlicher Art“ aufgelöst, und es wurde bestimmt, dass ihr Rechtsnachfolger die Gemeinde ist (vgl. VfGH in VfSlg 4229/ 1962 und 9336/1982 sowie VwGH vom 30.06.2011, GZ 2010/07/0074, und vom 24.05.2012, GZ 2011/07/0117). Diese Regelung wurde nach 1945 nicht wieder rückgängig gemacht. Demgemäß sind auch unter diesem Aspekt die politischen Gemeinden seit 1838 auch Eigentümer des Fraktionsgutes (→ VfGH vom 01.03.1982, VfSlg 9336/1982).
Damit ist klargestellt, dass der Begriff “Gemeindegut“ auch das ehemalige Fraktionsgut umfasst, und zwar auch dann, wenn die grundbücherliche Durchführung des Eigentumsübergangs noch ausstehen sollte (vgl Kienberger, Das Gemeindegut als Verfassungsproblem [LexisNexis 2018], S 17).
Weiterführende Info:
Aus der Judikatur des VfGH ergibt sich, dass für die Gemeindegutseigenschaft von Grundstücken allein der Grundbuchstand zum Zeitpunkt der „Regulierung“ maßgeblich ist (VfSlg 19.018/2010 und 19.262/2010; vgl Kienberger „Das Gemeindegut als Verfassungsproblem [LexisNexis 2018], S 32/33).
Die Gemeindegutseigenschaft hängt daher nicht davon ab, ob die Agrarbehörde im Zuge eines Regulierungsverfahrens die Gemeindegutseigenschaft ausdrücklich mit Bescheid festgestellt oder sich mit der Feststellung begnügt hat, dass es sich bei den betreffenden Grundstücken um (nicht näher spezifizierte) agrargemeinschaftliche Grundstücke handelt. Ein solcher Bescheid hat nur deklarative, nicht jedoch konstitutive Wirkung (VfSlg 19.262/2010; so auch der VwGH [VwSlg 18.424 A/2012]). Das Fehlen einer derartigen ausdrücklichen Feststellung hatte demnach keineswegs den Untergang der Gemeindegutseigenschaft zur Folge. Andererseits bedeutete das Vorliegen eines solchen Bescheides nur, dass die Gemeindegutseigenschaft rechtskräftig und somit verbindlich festgestellt ist (Kienberger wie vor).
Zitat aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, VfSlg 19.320/2011 vom 28.02.2011 (III.2.1.2. der Entscheidungsgründe):
,,Die Rechtsansicht der beschwerdeführenden Agrargemeinschaft, die Anwendung der Bestimmungen des TFLG 1996 idF LGBl. 7/2010 über die „Gemeindegutsagrargemeinschaft“ setze die bescheidförmige Feststellung des Vorliegens atypischen Gemeindegutes voraus, trifft nicht zu: Das Gesetz sieht eine bescheidförmige Feststellung, ob ein Grundstück ein agrargemeinschaftliches Grundstück – hier eines gemäß § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 idF LGBl. 7/2010 – ist, nur für den Zweifelsfall vor (vgl. § 33 Abs 6 Satz 1 TFLG 1996). Die Anwendbarkeit der Regelungen über die „Gemeindegutsagrargemeinschaft“ hängt aber allein vom Vorliegen der im Gesetz umschriebenen Voraussetzungen ab. Ein Feststellungsbescheid nach § 33 Abs 6 1. Satz 1 TFLG 1996 hätte nicht konstitutive, sondern lediglich deklarative Wirkung.“
Gemeindeland in Gemeindehand: überparteilicher und unabhängiger Verein – ZVR-Zahl 1505804346
Redaktion: Dipl.-Ing. Leonhard Steiger, Forstwirt & Dr. Werner Lux, Jurist
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Sehr geehrter Herr/Frau _______,
Der überparteiliche Verein „Gemeindeland in Gemeindehand“ hat die Homepage www.agrarpapers.tirol erstellt, auf der zeitlich geordnet der „größte Kriminalfall Tirols“ (Zitat Georg Willi, Bürgermeister von Innsbruck) dokumentiert ist. Es handelt sich um großflächige verfassungswidrige Eigentumsübertragungen von öffentlichem Eigentum (Gemeindeeigentum) hin zu Agrargemeinschaften. Die eingehenden Recherchen, die sich auf umfangreiche Grundbuchserhebungen des Tiroler Gemeindeverbandes und höchstgerichtliche Erkenntnisse stützen, zeigen grobe Fehlleistungen der Tiroler Agrarpolitik und der Tiroler Agrarbehörde auf und dokumentieren erstmals die erschreckende Dimension der damit einhergegangenen Gemeindeenteignungen.
Eine verfassungskonforme Reparatur dieses untragbaren und gleichheitswidrigen Zustandes ist jederzeit durch ein vom Tiroler Landtag zu beschließendes „Rückübertragungsgesetz“ möglich.
Diese Initiative muss unterstützt werden! Man wird wohl von verantwortungsbewussten Politikern erwarten können, dass sie den derzeit bestehenden verfassungswidrigen Zustand beenden.
Rechtstaatlichkeit und Gleichheit vor dem Gesetz geht und alle an! Helfen auch Sie im Rahmen Ihrer beruflichen Möglichkeiten, die in der Homepage www.agrarpapers.tirol formulierten Forderungen zu unterstützen, um diesen beschämenden verfassungswidrigen Zustand zu beenden.
Mit vorzüglicher Hochachtung,