Die Skrupellosigkeit der jahrzehntelangen offenkundig verfassungswidrigen Machtausübung durch Tiroler Agrarpolitik und Bauernbund werden 2008 vom Verfassungsgerichtshof schonungslos offengelegt.

Ein mutiger Beamter durchbricht die Tiroler Agrardoktrin. Sein gesetzestreuer Bescheid wird vom VfGH bestätigt.

Die Feststellungsbescheide der Tiroler Agrarbehörde ignorieren den Verfassungsgerichtshof

Hinhaltende Umsetztung höchstgerichtlicher Erkenntnisse durch die Tiroler Politik

Urteil des Verfassungsgerichtshofs vom 11.07.2008 – Gemeindeenteignungen waren grob verfassungswidrig

Bereits im Jahr 1982 hatte der Verfassungsgerichtshof in seiner richtungsweisenden Entscheidung VfSlg 9336/1982 unmissverständlich festgestellt, dass die von der Agrarbehörde verfügten Liegenschaftsübertragungen von den Gemeinden an die Agrargemeinschaften verfassungswidrig erfolgt sind und die Gemeinden schon immer materielle Eigentümer des Gemeindegutes waren.

  • Die TFLG-Novellen 1984 und 1996 vermochten die Verfassungswidrigkeit der das Gemeindegut schädingenden Regelungen nicht zu sanieren.
  • Dem offenbar vertretenen Motto folgend „Wir machen gleich weiter wie bisher!“ wurden von der Agrarbehörde dennoch nach 1982 weitere 81 (!) Agrargemeinschaften neu gegründet, um auf diese in verfassungswidrigen agrarbehördlichen Verfahren entschädigungslos Gemeindegut zu übertragen (vgl. Erläuternde Bemerkungen zur TFLG-Novelle 1984).

A. Skrupellosigkeit und Verfassungsbruch werden öffentlich

  • Mit dem von Hofrat Dr. Josef Guggenberger, dem damaligen Leiter der Agrarbehörde des Amtes der Tiroler Landesregierung, in erster Instanz erlassenen Bescheid vom 9.11.2006, Zl. AgrB-R7411363-2006, wurde erstmalig der über die bestehenden Nutzungsrechte hinausgehende Substanzwert ausdrücklich der Gemeinde zugeordnet. Diese Entscheidung schockierte Landesregierung, Agrarbehörde und Agrarlobby gleichermaßen, wurde doch damit die Skrupellosigkeit der über Jahrzehnte hinweg praktizierten gesetzesfernen Machtausübung durch Agrarpolitik und Bauernbund schonungslos offengelegt.
  • Der Widerstand, das Unverständnis und der Hass, den diese Entscheidung bei der herrschenden politischen Klasse und der von dieser begünstigten Agrarklientel hervorrief, sollten Dr. Guggenberger Gesundheit und Amt kosten (Lesen Sie dazu: Tatort Mieders ).
  • Über Berufung der Agrargemeinschaft Mieders änderte der Landesagrarsenat beim Amt der Tiroler Landesregierung (LAS) unter Vorsitz von Hofrat Dr. Hubert Sponring – der verfassungswidrigen Behördenpraxis folgend – die erstinstanzliche Entscheidung dahin ab, dass der Antrag, die Agrargemeinschaft Mieders gegenüber der Gemeinde Mieders zu einer Entschädigungszahlung zu verpflichten, abgewiesen wurde. Die von der Vorinstanz amtswegig verfügte Änderung des Regulierungsplanes wurde ersatzlos aufgehoben.
  • Der Verfassungsgerichtshof hob jedoch über Beschwerde der Gemeinde Mieders diesen Bescheid des Landesagrarsenats auf und bestätigte damit den erstinstanzlichen Bescheid in seinen wesentlichen Punkten. Damit verlor der Landesagrarsenat den von der Gemeinde Mieders vor dem VfGH angezettelten Prozess „mit Bomben und Granaten“ (so Morscher, Tiroler Praxis Agrarbehörde in FS Ebert 2013, S 109 – 111 unter Hinweis auf Keller, Schwarzbuch Tirol [Studienverlag 2012], FN 15 S 117).

B. Das VfGH-Erkenntnis vom 11.07.2008 („Mieders I“) in seinen wesentlichen Aussagen

In seinem Erkenntnis vom 11.07.2008, Zl. B464/07, VfSlg 18446, wiederholte und bekräftigte der Verfassungsgerichtshof die von ihm bereits in seiner (oben zitierten) Entscheidung VfSlg 9336/1982 dargelegten verfassungsrechtlichen Vorgaben. Im Einzelnen führte er zusammengefasst aus:

  • Die Übertragung des Gemeindeguts an Agrargemeinschaften verstieß gegen verfassungsrechtlich geschützte Grundrechte, nämlich den Gleichheitsgrundsatz und den Grundsatz der Unversehrtheit des Eigentums, und war daher „offenkundig verfassungswidrig“.
  • Die Gemeinde hat dadurch ihr Recht auf den Vermögenswert dieser Liegenschaften (auf den sogenannten „Substanzwert“) nicht verloren.
  • Den Nutzungsberechtigten steht keineswegs das Eigentumsrecht an den von der Übertragung betroffenen Gemeindeliegenschaften, sondern lediglich der zur Erhaltung des landwirtschaftlichen Betriebes notwendige „Haus- und Gutsbedarf“ zu.
  • Zumal sich seit der seinerzeitigen „Regulierung Mieders“ die für die Anteilsverhältnisse maßgeblichen Umstände geändert haben, wäre es längst Aufgabe der Agrarbehörde gewesen, die Änderung der Verhältnisse von Amts wegen aufzugreifen.

In seiner Entscheidung vom 05.12.2009, Zl. B995/09-17, stellte der Verfassungsgerichtshof ausdrücklich und unmissverständlich klar, dass sein Erkenntnis zum Gemeindegut der Gemeinde Mieders („Mieders I“) nicht als Einzelfallentscheidung erging, sondern auf alle Fälle des Gemeindegutes Anwendung zu finden hat.

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Sehr geehrter Herr/Frau _______,

Der überparteiliche Verein „Gemeindeland in Gemeindehand“ hat die Homepage www.agrarpapers.tirol erstellt, auf der zeitlich geordnet der „größte Kriminalfall Tirols“ (Zitat Georg Willi, Bürgermeister von Innsbruck) dokumentiert ist. Es handelt sich um großflächige verfassungswidrige Eigentumsübertragungen von öffentlichem Eigentum (Gemeindeeigentum) hin zu Agrargemeinschaften. Die eingehenden Recherchen, die sich auf umfangreiche Grundbuchserhebungen des Tiroler Gemeindeverbandes und höchstgerichtliche Erkenntnisse stützen, zeigen grobe Fehlleistungen der Tiroler Agrarpolitik und der Tiroler Agrarbehörde auf und dokumentieren erstmals die erschreckende Dimension der damit einhergegangenen Gemeindeenteignungen.

Eine verfassungskonforme Reparatur dieses untragbaren und gleichheitswidrigen Zustandes ist jederzeit durch ein vom Tiroler Landtag zu beschließendes „Rückübertragungsgesetz“ möglich.

Diese Initiative muss unterstützt werden! Man wird wohl von verantwortungsbewussten Politikern erwarten können, dass sie den derzeit bestehenden verfassungswidrigen Zustand beenden.

Rechtstaatlichkeit und Gleichheit vor dem Gesetz geht und alle an! Helfen auch Sie im Rahmen Ihrer beruflichen Möglichkeiten, die in der Homepage www.agrarpapers.tirol formulierten Forderungen zu unterstützen, um diesen beschämenden verfassungswidrigen Zustand zu beenden.

Mit vorzüglicher Hochachtung,