Persönlich­keiten im und um den Agrarskandal ​

Dr. Hermann ARNOLD

Arnold

war Gemeindeverbands­präsident, Beamter der Agrarbehörde, als Büroleiter rechte Hand von LH Eduard Wallnöfers, Landesamtsdirektor und Bürgermeister von Mutters.Nach seiner Pensionierung räumte er ein:


„Ich war selbst beteiligt, ich war als Beamter der Agrarbehörde ein Täter. Wir haben bei der Übertragung des Gemeindeguts weit über das Ziel hinausgeschossen. Dass bei den Regulierungen die Agrar­gemeinschaften gleichzeitig das Eigentum der Gemeinden übernommen haben, ist aus heutiger Sicht eine Katstrophe.“ Arnold kritisierte, dass die Agrarbehörde, die auch als Gemeindeaufsichtsbehörde im Regulierungsverfahren fungiert hat, die Interessen der Gemeinden zu wenig vertreten habe: „Die Gemeinde hat die Gratisabtretung sang- und klanglos zur Kenntnis genommen.“

Rückblickend ist für Arnold wesentlich: „Ich sehe kein Problem darin, sich im Rechtsirrtum zu befinden, aber wissentlich darin zu beharren, ist sehr wohl eines.“

Dr. Andreas BRUGGER

brugger

ist als Rechtsanwalt berufstätig und war von 2008 bis 2015 Abgeordneter zum Tiroler Landtag (Bürgerforum/Liste Fritz).

Andreas Brugger war maßgeblich daran beteiligt, das Agrarunrecht zumindest teilweise zu beseitigen. Er hat Tiroler Gemeinden in vielen agrarbehördlichen Verfahren bis zu den Höchstgerichten, unter anderem die Gemeinde Mieders im zum Erkenntnis VfSlg 18.446/2008 führenden Verfahren, erfolgreich vertreten. Dem leidenschaftlichen Rechtsanwalt und Politiker ist eine profunde rechtshistorische und juristische Aufarbeitung des Tiroler Gemeinde- und Agrarrechts zu verdanken, die in die von ihm führend verfassten Dringlichkeitsanträge an den Tiroler Landtag vom 14.02.2013 und vom 11.10.2013 betreffend die Beschlussfassung eines Gesetzes über die Rückübertragung des Gemeindeguts mündete.

Der von Landeshauptmann-Stellvertreter Anton Steixner bei jeder Gelegenheit verunglimpfte Rechtsanwalt Dr. Brugger konterte diesem: 

„Sie hätten mich zur Schnecke gemacht, wenn ich nicht irgendwann Recht bekommen hätte.“ Ergänzend merkte er an:

„Es gibt keinen juristischen Begriff, für das, was in den Nachkriegsjahren in Tirol passierte: Diebstahl heißt es bei beweglichen Sachen. Für Diebstahl von Land sieht das Strafgesetzbuch keinen Paragrafen vor. Das Irre ist, dass die Vermögensverschiebungen ja nicht unter dem Kaiser oder unter den Nazis stattfanden, sondern in der Zweiten Republik.“

Bruggers Schreiben vom 02.12.2010 an den unter Berufung auf den berühmt-berüchtigten Dorffrieden in der Agrarfrage zulasten der Gemeinden untätig gebliebenen Günther Platter endete mit folgendem an den Landeshauptmann gerichteten Appell:

„Je deutlicher auch Sie der Öffentlichkeit klarmachen, dass kein Weg daran vorbeiführen kann, dass die Gemeinden künftig wieder in den Genuss aller nach Deckung der althergebrachten Holzbezüge und Weiderechte verbleibenden Vorteile des Gemeindegutes kommen und dass sich die Agrargemeinschaftsmitglieder auch an den Kosten der Wald- und Weidewirtschaft im Verhältnis ihrer Nutzungen beteiligen, desto eher wird es Frieden geben.“

Fritz DINKHAUSER

Fritz Dinkhauser 08

begann 1964 eine politische Laufbahn als Landessekretär der jungen Generation der ÖVP Tirol. Von 1984 bis 1993 war er als Obmann der Tiroler Gebietskrankenkasse tätig. 1991 wurde er zum Präsidenten der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Tirol ernannt. Bei der Tiroler Landtagswahl 2008 trat er mit einer eigenen Liste Fritz Dinkhauser – Bürgerforum Tirol an und positionierte sich als zweitstärkste Liste von sieben angetretenen mit 18,35 % bzw. 7 Mandaten im Landtag. Mit 1. Juli 2008 wurde Dinkhauser Abgeordneter zum Tiroler Landtag. Mit der Gründung seines Bürgerforums endete die Mitgliedschaft Dinkhausers in der ÖVP. Bei den Landtagswahlen im Jahr 2013 erreichte seine Liste zwei Mandate.

Ausschlaggebend für den überraschenden Erfolg der „Liste Fritz“ bei der Landtagswahl 2008 war Dinkhausers unermüdliches und kämpferisches Eintreten gegen das Agrarunrecht. Im Oktober 2008 nahm er in einem in der Zeitschrift „Echo“ veröffentlichten Interview zur Gemeindegutsfrage wie folgt Stellung:

„Welche finanziellen Zusagen Platter den Bauern gemacht hat, wird man im Laufe der Periode noch sehen. Bedauerlicherweise stellen wir jetzt bereits fest, dass das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zu den Agrargemeinschaft für die Gemeinden nicht mit der Konsequenz umgesetzt wird, wie das zu erwarten gewesen wäre. Landeshauptmann Platter muss aber wissen, dass er als Regierungsspitze hier die Hauptverantwortung zu tragen hat. Durch das Nichthandeln entsteht jeden Tag ein Millionenschaden für die Gemeinden und die Bürger. Wenn das jetzt Jahre dauert und man auch noch zulässt, dass Plattformen gebildet werden, die noch dazu von den Agrargemeinschaften finanziert werden, ist das der Gipfel der Unverschämtheit. Zweimal – 1982 und jetzt wieder – ein Urteil des Verfassungsgerichtshofes infrage zu stellen, hat es in keinem Rechtsstaat gegeben.“

Alois GRAUSS

Grauß

Alois Grauß war stellvertretender und geschäftsführender Obmann des Tiroler Bauerbunds. und vom Februar 1951 bis zum November 1957 Landeshauptmann des Bundeslandes Tirol, zu einer Zeit also, als nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Grundstücksübertragungen in die Wege geleitet wurden.

Als bedingungsloser Kämpfer für den Bauernstand nährte Grauß jene Blut- und Boden-Dramaturgie, die zu dem nachhaltig ungerechten Tiroler Zustand führte. Er unterstützte den damaligen Agrarlandesrat Eduard Wallnöfer bei den von diesem geschickt eingefädelten Regulierungen des Gemeindegutes und ließ ihn bei der damit einhergehenden Übertragung des Eigentums gewähren .

Seine ideologischen Ausführungen fanden in Gauß‘ Sterbejahr unter dem Titel „Der Bauernstand, der Blutquell des Volkes“ wie folgt Eingang im Tiroler Jungbürgerbuch für die jungen Tirolerinnen und Tiroler des Jahres 1957:

„[…] solange die Städte in den weichenden Bauernsöhnen und -töchtern ihre Geistes- und Blutauffrischung holen, um nicht der Degeneration oder Invasion heimatloser Menschen zu verfallen;
[…] solange wir brave Bauernmütter und eine ideale Bauernjugend haben – so lange ist unser Reichtum größer als unsere Not, solange braucht die Welt den Bauernstand und bleibt Tirol in Bauernhand!“

Dr. Josef GUGGENBERGER

Guggenberger

war als Verwaltungsjurist beim Amt der Tiroler Landesregierung tätig, insbesondere als Landesgrundverkehrsreferent sowie von 1995 bis zu seinem Ausscheiden Ende 2006 als Leiter der Agrarbehörde erster Instanz.
In einem in der Tiroler Tageszeitung erschienen Artikel charakterisierte der Redakteur Peter Nindler Hofrat Dr. Guggenberger wie folgt:

„Sein Bescheid zu Mieders vom 9. November 2006 führte zwei Jahre später, am 11. Juni 2008, zur richtungsweisenden Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs. (Anm.: VfSlg 18.446).

Bekanntlich wurden seinerzeit Gemeindewald und Grundstücke mit dem Segen der Agrarpolitik und der Behörden in den 1950er- und 1960er-Jahren an bäuerliche Agrargemeinschaften übertragen. Vielfach erzielten die Agrargemeinschaftsmitglieder durch Verpachtungen, Schotter- und Holzverkauf oder die Errichtung von Wirtschaftsbetrieben auf Basis des ehemaligen Gemeindeguts große finanzielle Vorteile. Mit dem von Dr. Guggenberger erlassenen Mieders-Bescheid entschied die Agrarbehörde erstmals, dass Überschüsse aus bereits vorhandenen oder neuen wirtschaftlichen Betätigungen der Agrargemeinschaft, die nicht im Zusammenhang mit der Holz- und Weidebewirtschaftung stehen, der Gemeinde zukommen. Der Verfassungsgerichtshof folgte im Juni 2008 dieser Argumentation. Das Gemeindegut sei nie erloschen und stehe heute atypischerweise im gemeinsamen Eigentum von Gemeinde und Agrargemeinschaft. Die seinerzeitigen Übertragungen des Gemeindeguts an Agrargemeinschaften seien offenkundig verfassungswidrig gewesen, ließ das Höchstgericht verlauten.“

Dr. Guggenberger kosteten Rechtschaffenheit und persönliche Zivilcourage den Arbeitsplatz. Er sah sich nach Erlassung des erwähnten Bescheids eminentem Druck von Seiten seiner Dienstbehörde sowie der Agrarlobby ausgesetzt und quittierte schließlich Ende des Jahres 2006 gesundheitlich angeschlagen den Dienst.

Die Lawine, die von Hofrat Dr. Guggenberger mit seinem Bescheid losgetreten wurde, war jedoch nicht mehr aufzuhalten! Vielen Gemeinden wurde der Zugriff auf den Subsatzwerterlös ermöglicht und die Chance auf Rückübertragung des Eigentums am verfassungswidrig entzogenen Liegenschaftsvermögen eröffnet. Eine öffentliche Anerkennung Dr. Guggenbergers für seinen Mut zu gesetzestreuer Amtsführung ist indes immer noch ausständig.

Alexandra KELLER

Keller

ist als freie Journalistin tätig (unter anderem arbeitet/arbeitete sie für die Zeitungen/ Magazine TIROLER BEZIRKSBLÄTTER, KURIER, ECHO, PUBLIC – das österreichische Gemeindemagazin, NZZ.AT, MAYA – das tiroler frauenmagazin, TIROLER WIRTSCHAFT (wk tirol), NETZWERK TIROL – das tiroler wirtschaftsmagazin, 20er -die tiroler straßenzeitung). Alexandra Keller wurde mit dem renommierten Alfred-Worm-Preis 2009 ausgezeichnet.

Publizistisches:

    • GAISMAIR-JAHRBUCH „decocratie“ – 2022
    • LIMBUS VERLAG  „ein land wird besichtigt“- essay – 2013
    • STUDIENVERLAG „schwarzbuch agrargemeinschaften“ – 2009 
    • STUDIENVERLAG „schwarzbuch tirol“  – 2012

Auf dem Cover des zuletzt angeführten Buches ist zu lesen:

Der Tiroler „Agrar–Krimi“ hat viele unheimliche Facetten. Eine davon ist, dass die Grundlage für die flächendeckenden Regulierungen der Gemeindegrundstücke, welche sich als „Enteignungen“ entpuppten, wohl unter dem NS-Regime in Osttirol gelegt wurde. Nicht nur das ist ein schwer verdauliches Erbe.

Seit das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom Juni 2008 klarstellte, dass die in den 1950–Jahren in Nordtirol begonnene Übertragung von über 2000 km² öffentlichem Gemeindegut auf bäuerliche Agrargemeinschaften verfassungswidrig passierte, befindet sich das Land Tirol in einem Ausnahmezustand. Obwohl die grundlegenden Aussagen zu den Übertragungen in den Folgejahren mehrfach von den Höchstgerichten wiederholt beziehungsweise bestätigt wurden, müssen die betroffenen Gemeinden weiterhin um ihr Grund Eigentum kämpfen.

Wieder geht es um Macht. Wieder geht es um Geld. Und wieder scheinen die Gemeinden bzw. die Mehrheit der Tiroler gegenüber einer kleinen Minderheit den Kürzeren zu ziehen. Nicht „die Bauern“ sind dabei ihre Gegner. Längst steht mit der Agrargemeinschaftsfrage das „System Tirol“ am Pranger. Doch das reinigende Gewitter für das Land steht noch aus.“

Dr. Heinrich KIENBERGER

Kienberger

war Beamter im Amt der Tiroler Landesregierung, zuletzt Vorstand der Abteilung Verfassungsdienst und der Gruppe Präsidium. Als langjähriges Mitglied des Verfassungsgerichtshofes brachte er insbesondere  seine herausragende Expertise auf dem Gebiet des Agrar- und Gemeinderechts ein..

 

In seiner kurz vor seinem Ableben im Jahr 2018 fertiggestellten, vom Verlag LexisNexis publizierten rechtswissenschaftlichen Arbeit „Das Gemeindegut als Verfassungsproblem“ hat Kienberger mit juristischer Brillanz eindrucksvoll nachgewiesen, dass der Rückführung des Gemeindegutes in das Eigentum der Gemeinden, denen es verfassungswidrig entzogen worden war, nicht nur keine rechtlichen Hindernisse entgegenstehen, sondern dass eine solche Rückübertragung verfassungsrechtlich geradezu geboten ist.

Ernst LEITGEB

Leitgeb

stand der Stubaier Gemeinde Mieders 22 Jahre lang als Bürgermeister vor.

Im Jahr 1963 war von der Tiroler Agrarbehörde das seit jeher im Eigentum der Gemeinde gestandene Gemeindegut – es handelte sich um Liegenschaften im Ausmaß von ingesamt 760 Hektar – rechtswidrig an die Agrargemeinschaft Mieders übertragen worden. Die dadurch entstandene unerträgliche Abhängigkeit der Gemeinde vom Goodwill der Agrargemeinschaft Mieders bei der Umsetzung kommunaler Angelegenheiten ließ im Jahr 2006 Ernst Leitgeb den Kragen platzen: Die durch RA Dr. Andreas Brugger vertretene Gemeinde verlangte von der Agrargemeinschaft die Ausfolgung entgangener Substanzerträge. Der damalige Agrarbehördenleiter Josef Guggenberger gab der Gemeinde Recht. Dessen Bescheid führte letztendlich zum richtungsweisenden Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11.07.2008, VfSlg 18.446, wonach die erfolgten Eigentumsübertragungen an die Agrargemeinschaften offenkundig verfassungswidrig waren und Erträgnisse aus dem Substanzwert seit jeher den Gemeinden zugestanden haben.

Ernst Leitgeb ist es hoch anzurechnen, dass er als den Interessen seiner Gemeinde verbundener und verantwortlicher Bürgermeister ungeachtet seiner Parteizugehörigkeit zur ÖVP und massiver Anfeindungen seitens des Tiroler Bauernbundes das Verfahren bei der Tiroler Agrarbehörde angestrengt und durchgezogen hat.

em. Univ.-Prof. Dr. Siegbert MORSCHER

Morscher

war von 1973 bis 2007 Professor am Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre der Universität Innsbruck, von 1988 bis 2004 Richter am Verfassungsgerichtshof und dort mehrmals ständiger Referent.

Siegbert Morscher beschäftigte sich als exzellenter Kenner des österreichischen Verfassungs- und Verwaltungsrechts in etlichen Veröffentlichungen mit den Themen Agrarrecht, Gemeinschaftsgutsnutzung und Gemeindegut (zB „Gemeindegutsagrargemeinschaften“ in Festschrift Kurt Ebert zum 70.Geburtstag [2013]; „Neues zum Gemeindegut“ in FS Ebert [2002], 167 -169; „Rechtsgutachtliche Äußerung vom 23.05.1986 betreffend Rechtsnachfolge am seinerzeitigen Fraktionseigentum in Tiroler Gemeinden“).

Überzeugend legte der Rechtsgelehrte dar, dass die Übertragungen des Eigentums am Gemeindegut allesamt gesetzlos und verfassungswidrig erfolgt seien und kritisierte im Besonderen harsch die Judikatur des Tiroler Landesagrarsenats:

„Auch noch nach der Erlassung des Erkenntnisses des VfGH „Mieders I“ (VfSlg 18.446/2008) zeichnete sich der Landesagrarsenat nicht selten dadurch aus, die sehr eindeutig formulierten einschlägigen verfassungsrechtlichen Vorgaben des VfGH zu konterkarieren. Genannt seien der geradezu peinliche, weit abseits vernünftiger juristischer Argumentation liegende Versuch, aus einigen spezifischen Begriffsbildungen in einzelnen Gesetzesmaterien abzuleiten, das Jagdwesen sei zur Land- und Forstwirtschaft zu zählen, mit dem Ziel, die Jagdpacht den Nutzungsberechtigten zuzuordnen, obwohl der VfGH diese schon 1982 zum Substanzwert gezählt hatte; ferner die Versuche, aus Regulierungen Hauptteilungen zu konstruieren (was vom VwGH aufgehoben wurde), mit „Vertrauensschutz“-Konstruktionen den Nutzungsberechtigten Substanzwertanteile zuzuordnen, über sogenannte „Gutachten“ von Agrartechnikern en passant zahlreiche Rechtsfragen inzident, aber inkompetent lösen zu lassen uam“.

Hansjörg PEER

Hansjörg Peer

ist seit 2004 Bürgermeister der Gemeinde Mutters.

Hansjörg Peer hat als einer der wenigen Bürgermeister in Tirol mit Konsequenz, Nachdruck und Gesetzestreue die vom Verfassungsgerichtshof den Gemeinden im Verhältnis zu den Gemeindegutsagrargemeinschaften zuerkannten Rechte eingefordert und diese auch gegen Widerstände der Agrarseite durchgesetzt. Vielen der in der Agrarfrage zum Schaden der ihnen anvertrauten Gemeinden – sei es aus Eigennutz oder mangels Zivilcourage – pflichtwidrig untätig gebliebenen Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen sei ins Stammbuch geschrieben, dass BM Peers Geradlinigkeit und unbedingtes Pflichtbewusstsein bei den Mutterer Gemeindebürgern ein hohe Maß an Anerkennung gefunden haben und von ihnen bei den Gemeinderatswahlen stets belohnt wurden.

Bereits in einem Interview aus dem Jahr 2012 betonte der Bürgermeister, dass die Gemeinde Mutters die Herausforderung „Gemeindegutsagrargemeinschaft“ angenommen und seit Beginn dieser Auseinandersetzung versucht habe, zu ihrem Recht und in weiterer Folge auch zu Geld zu kommen. Hansjörg Peer weiter:

„Auch wenn es immer wieder anderslautende Aussagen gibt, der Gesetzesgeber lässt keinen Spielraum zu. Die Gemeindeführung ist verpflichtet, das Recht der Gemeinde einzufordern, egal wie mühsam der Weg ist. Bis dato haben die Agrargemeinschaft und deren Rechtsvertreter Bernd Oberhofer in der Causa Mutters keinen „Blumentopf“ gewonnen, und sind alle Entscheidungen zu Gunsten der Gemeinde gefallen. Dennoch wird auf der Seite der Agrarier das Gesetz mit Füßen getreten und weiterhin „potenziertes Unrecht“ an den Tag gelegt. Dies ärgert einen Großteil der Gemeindebevölkerung enorm und sorgt für Gesprächsstoff an den Stammtischen. Die Gemeinde glaubt an den Rechtsstaat und ist daher auch überzeugt, dass diese selbstbestimmenden Gesetzesbrecher in Form von ein paar schwarzen Schafen innert der Agrargemeinschaft der gerechten Strafe zugeführt werden.“

Mag. Ernst SCHÖPF

Schöpf

ist seit nunmehr 35 Jahren Bürgermeister des international bekannten Tourismusortes Sölden. Darüber hinaus fungiert er als Präsident des Tiroler Gemeindeverbandes.

Bereits im Jahr 2010 nahm er öffentlich zur Gemeindegutsfrage in aller Deutlichkeit Stellung:

„Wahr ist, dass zweieinhalb Jahre nach dem „Miederer VfGH-Erkenntnis“ (Anm.: VfSlg 18.446/2008) weder die Gemeinde Mieders noch andere Gemeinden einen Euro gesehen haben. Wahr ist zudem, dass auf Behördenseite mit auffälligem Eifer Dingen nachgegangen wird, die längst entschieden sind.

So wird von der Agrarbehörde (den Agrargemeinschaften und Gemeinden gleichermaßen) nach wie vor empfohlen, Feststellungsanträge zum Bestehen einer Gemeindegutsagrargemeinschaft auch dann zu stellen, wenn klar ist, dass die Agrargemeinschaft aus Gemeindegut hervorgegangen ist. Dabei sagt der Verfassungsgerichtshof unmissverständlich: Wenn etwas als Gemeindegut reguliert worden ist, dann ist eine Agrargemeinschaft aus Gemeindegut hervorgegangen. Hier besteht Rechtskraft, und ob dies der Fall ist, ist eine reine Tatsachenfrage und einem Feststellungsbescheid gar nicht mehr zugänglich. Mit solchen rechtlich verfehlten Empfehlungen der Behörde werden unnötige und langwierige Verfahren ausgelöst. Das ist auch dann der Fall, wenn Gemeinden durch aufwändige Recherchen in Archiven den Nachweis liefern sollen, dass ehemaliges Fraktionsgut nunmehr Gemeindegut ist und somit der Grundbuchsstand richtig ist.

Alles schon längst geklärt, lauter leere Kilometer. Als Optimist will ich annehmen, es steckt nicht Absicht dahinter.

Mag. Dr. Gerhard SIEGL

Siegl

geboren in Innsbruck 1975, studierte Geschichte und gewählte Fächer (Medien und Geisteswissenschaften, Zeitgeschichte, Internationale Politik, Wirtschafts- und Sozialgeschichte) an der Universität Innsbruck, ist seit 2001 als freiberuflicher Historiker im Raum Tirol, Südtirol und Vorarlberg sowie als wissenschaftlicher Ausstellungs- und Projektmitarbeiter tätig; 2008 bis 2016 Universitätsassistent an der Universität Innsbruck (Forschung, Lehre, Verwaltung); 2016 Mitgründer von „Heidegger, Hilber und Siegl. Die HISTORIKERinnen“.

Gerhard Siegl ist profunder Kenner der Gemeindegutsproblematik in Tirol. Insbesondere seine im „Jahrbuch für Geschichte des ländlichen Raumes“ Nr. 6/2009, S 218 – 240, erschienene wissenschaftliche Abhandlung „Die Entstehung der Agrargemeinschaften in Tirol unter besonderer Berücksichtigung der Gemeindegutsagrargemeinschaften – Zur historischen Dimension eines aktuellen Problems“ enthält eine profunde historische Aufarbeitung zur Agrarfrage.

2009 Siegl- Die Entstehung der Agrargemeinschaften in Tirol

Anton STEIXNER

Steixner

gehörte dem Gemeinderat von Mutters bis 2004 an, im Landtag war er nach seiner Wahl zum Landtagsvizepräsidenten von 1994 bis 2006 tätig. Am 3. Jänner 2006 wurde er zum (unter anderen mit den Agenden Land- und Forstwirtschaft sowie Feuerwehrwesen betrauter) Landesrat und am 1. Juli 2008 zum Landeshauptmann-Stellvertreter gewählt. Im Jahr 1988 wurde Anton Steixner Landesobmann des Tiroler Bauernbundes. Mit dem Ende der Legislaturperiode im Jahr 2013 zog er sich aus der Politik zurück.

Steixner war militanter und hemmungsloser Vertreter von Bauerninteressen. Ausgerechnet er attestierte seinen politischen Gegnern eine Verrohung des politischen Stils, schreckte aber seinerseits nicht davor zurück, bei einem Besuch in der Gemeinde Wenns am 17.11.2008 höhere Förderungen für das neue Feuerwehrhaus mit der Forderung nach einer gütlichen Einigung in der Agrarfrage zwischen Gemeinde und Agrargemeinschaft zu verknüpfen (vgl. TT [pn] vom 03.12.2008) und damit die Gemeindeführung der finanzschwachen Gemeinde „einzukaufen“.

Zur Gemeindegutsfrage nahm Steixner in einem am 07.06.2005 in der Tiroler Bauernzeitung veröffentlichten Interview wie folgt Stellung:

Vom Grün–Politiker Georg Willi und dem pensionierten Landesbeamten Hermann Arnold ist man ja schon einiges gewohnt. Aussagen wie „Der größte Kriminalfall, den ich je erlebt habe“ (Willi) oder „Die Übertragung von Grund und Boden war ein Rechtsirrtum“ (Arnold) übersteigen aber das Maß einer verbalen Entgleisung. Hier werden zigtausende Bauern und Agrargemeinschaftsmitglieder sowie ehemalige Gemeinderäte und Bürgermeister ins Verbrechereck gestellt. Der Bauernbund wird nun prüfen, ob gegen eine solche öffentliche Kriminalisierung rechtliche Schritte möglich sind.

Dass sich die Grünen in Eigentumsfragen keinen Deut um die Bauern scheren, ist bekannt. Nicht mehr zu überbieten ist aber die Diffamierungspolitik des Landesamtsdirektors a.D. Hermann Arnold. Dieser tut nur so, als hätte bei der Grundübertragung an die Agrargemeinschaft niemand gewusst, dass es sich um Gemeindegut handelte. Damit erklärt er nicht nur die damals politischen Verantwortlichen auf Landes– und Gemeindeebene für dumm, sondern auch sämtliche Beamte der Agrarbehörde für unfähig. Jedem war sonnenklar, dass es sich um Gemeindegründe handelte(sic!). Ebenso klar war aber auch, dass die Gemeinde niemals die uneingeschränkte Verfügungsgewalt über diese Gründe hatten und haben würden. Was die Grünen, Hermann Arnold und mit Ihnen als Trittbrettfahrer auch die SPÖ betreiben, ist eine ungeheuerliche Hetzkampagne gegen einen ganzen Berufsstand. Einzig die ÖVP erweist sich in dieser Frage als verlässlicher Partner. Wir lassen uns nicht ins Verbrechereck stellen. Das Maß ist voll.“

Von Interesse ist, dass Anton Steixner in diesem Interview ausdrücklich zugestanden hat, es sei jedem sonnenklar gewesen, „dass es sich um Gemeindegründe handelte“, woraus auch für den Agrarlandesrat zwingend auf der Hand liegen musste, dass die Agrarbehörde den Agrargemeinschaften seinerzeit bescheidmäßig nicht ihnen, sondern den Gemeinden gehöriges Grundeigentum zugeschrieben hat; mit keinem Wort hat er erwähnt, dass die Übertragungen des Eigentums am Gemeindegut an die Agrargemeinschaften bereits im Jahr 1982 vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig gebrandmarkt worden waren.

Anton Steixners Ausspruch, „Die Übertragung des Eigentums von den Gemeinden auf die Agrargemeinschaften war politisch gewollt“, kann als umfassendes Tatsachengeständnis eines uneinsichtigen Politikers und Interessenvertreters, dem im Agrarbereich Verfassungstreue und gesetzmäßiges Handeln weder Anliegen noch Thema waren, gewertet werden.

Ulrich STERN

Stern

war bis zu den Tiroler Gemeinderatswahlen 2022, bei denen er nicht mehr kandidierte, viele Jahre Mitglied des Gemeinderates von Mieming und ist Betreiber der Homepage „Mieming transparent“.

Gemeinderat Stern fühlt sich bedingungslos dem Rechtsstaatsprinzip verpflichtet und verkörpert in vorbildlicher Weise Unabhängigkeit und Zivilcourage. Auch Ausgrenzungsversuche innerhalb der Gemeinde Mieming und massive Anfeindungen von agrarpolitischer Seite konnten seine unerschöpfliche Energie zur Wahrheitsfindung bis heute nicht bremsen. Seine jahrelangen mit höchster Akribie bei den Tiroler Grundbuchsgerichten sowie in diversen Archiven durchgeführten Recherchearbeiten enthüllten eindrucksvoll Art und Umfang der jahrzehntelang von den politischen Machthabern gewollten und im Wege rechtloser und verfassungswidriger Bescheide der Agrarbehörde zugunsten von Agrargemeinschaften sowie zum Nachteil einer überwiegenden Mehrheit von Gemeindebürgern durchgesetzten Enteignungen der Tiroler Gemeinden.

Sterns von Anständigkeit und Streben nach Gerechtigkeit geprägter Bürgersinn manifestiert sich im Vorwort der von ihm kürzlich fertiggestellten Abhandlung „Gemeindegut in Tirol verschenkt-korrigiert-gesetzlos entzogen“:

„Mieming ist ein bedeutender „hotspot“ der Agrardiskussion, die in den vergangenen zwei Jahrzehnten geführt wurde und das Land durchaus erschütterte. Mein Wissensstand zum Thema Agrargemeinschaften war der eines „Zuagroasten“ aus Ostösterreich – nämlich gleich Null. Mein Informationsstand zum Grundbuch beschränkte sich auf jene Notwendigkeiten, mit denen sich ein „Häuslbauer“ am Land auseinandersetzen muss.

Meine Neugier wurde geweckt, als der Gemeinderat beschlossen hatte, den bestehenden Hauptschulsportplatz von der Agrargemeinschaft Obermieming zu kaufen Die vorgeblichen Erben der Nutzungsrechte, die mit dem Sportplatz verbunden waren, hatten dabei in meinen Augen „horrende“, jedenfalls aber unangemessene Forderungen an die Gemeinde gestellt. Dieser Überzeugung war auch die Agrarbehörde des Landes, die den Grundkauf mit der Begründung ablehnte, dass dies der Verschleuderung von Gemeindevermögen gleichkäme. Zusätzlich sandte der damalige Agrarbehördenleiter Dr. Josef Guggenberger dem Bürgermeister der Gemeinde Mieming eine geharnischt verfasste Stellungnahme zu den Rechtswidrigkeiten und sozialen Bedenklichkeiten dieses Verkaufsversuches. Mit den aufgeregten Worten „Schau Dir das an!“ gab mir der Bürgermeister diese Stellungnahme zu lesen. Ihr Inhalt war für mein in bürokratischen Fragen recht nüchternes Gemüt ziemlich starker Tobak. Ab diesem Zeitpunkt war mein Interesse geweckt. Und es sollte so schnell nicht mehr zur Ruhe kommen. Nein, gar nicht.

Ich musste mehr über die Hintergründe wissen und begann, im Grundbuch und im Landesarchiv Informationen zu sammeln. Noch wurde mir der Zugang zu diesen Quellen nicht verwehrt. Noch. Weil die Dinge, die ich dabei in Erfahrung bringen konnte, derart spannend waren und sukzessive unglaublicher, veröffentlichte ich die Ergebnisse dieser Recherchen auf der von mir betriebenen Homepage „Mieming Transparent“. Diese brachte mir einerseits die Bekanntschaft eines renommierten Kreises von Streitern für das Gemeindegut und andererseits die Erkenntnis, dass meine Bemühungen von Politik und Behörde mit Missfallen verfolgt wurden. Plötzlich wurden die Agrargemeinschaftsakten im Landesarchiv ohne jede gesetzliche Grundlage gesperrt. Die Einsichtnahme wurde nur mehr mit Sondergenehmigung möglich gemacht.

Damit spitzte sich nicht nur mein Interesse, sondern auch das offenkundig in den Akten versteckte Skandalpotenzial zu. Schließlich war längst klar geworden, dass hier eine groß angelegte, von Landesbeamten bis in kleinste Detail durchdachte und auf allen Ebenen gesetzlose Eigentumsverschiebung von den Tiroler Gemeinden hin zu den Agrargemeinschaften passiert war. Eine sehr lücken- und fehlerhafte Auskunft der Agrarbehörde an einen Landtagsabgeordneten über die Agrargemeinschaften in Tirol machte dem Kreis von Mitstreitern schließlich klar, dass der eigene und der öffentliche Informationsstand über das Ausmaß der gesetzlosen Eigentumsentziehung völlig ungenügend war. Hier musste gehandelt werden.

Dank der Unterstützung des Tiroler Gemeindeverbandes war es mir möglich, alle Daten von Agrargemeinschaften, Nachbarschaften und Fraktionen in Tirol aus dem aktuellen Grundbuch sowie zusätzlich den historischen Hintergrund zu erheben. Die nach dem Miederer Erkenntnis 2008 vielfach veröffentlichte Kritik an der Grundbuchanlegung führte zu weiteren Recherchen bezüglich der historischen Eigentumsanerkennungen ab 1910 und auch den Haller’schen Urkunden aus der NS-Zeit. So konnten wichtige Erkenntnisse zur hervorragenden Qualität der Arbeit der Grundbuchanlegungskommissionen gewonnen werden.

DDr. Herwig VAN STAA

Van Staa

war von 1994 bis 2002 Bürgermeister von Innsbruck , von 2002 bis 2008 Landeshauptmann von Tirol , von 2008 bis 2013 Präsident des Tiroler Landtags  sowie von 2001 bis 2008 Landesparteiobmann der ÖVP Tirol .

Zwei markante Ereignisse machen Van Staa’s widersprüchlichen Umgang mit der Gemeindegutsfrage deutlich:

Im Jahre 2006 erteilte Van Staa dem damaligen Leiter der Agrarbehörde Dr. Josef Guggenberger den Auftrag, einen Muster-(Grundsatz-)bescheid über die Rechte der Gemeinden an dem an die Agrargemeinschaften übertragenen Gemeindegut zu erstellen, um über diese Problematik eine Entscheidung des Verfassungsgerichthofes zu erwirken. Dieser Auftrag führte letztendlich zu dem von Guggenberger erlassenen Bescheid von 09.11.2006 und damit in weiterer Folge zum – wohl nicht im Sinn Van Staa`s ergangenen – Erkenntnis Mieders durch den VfGH. (VfSlg 18.446/2008)

Der Auffassung, wonach die Rückübertragung des Eigentums am (historischen) Gemeindegut an die Gemeinden unumgänglich sei, war auch die Mehrheit der Abgeordneten zum Tiroler Landtag beigetreten, indem sämtliche damalige Oppositionsparteien (Liste Fritz, Vorwärts Tirol, FPÖ, Die Grünen) sowie die damalige Regierungspartei SPÖ beim Tiroler Landtag einen mit 14.02.2013 datierten Dringlichkeitsantrag betreffend die Beschlussfassung eines Gesetzes über die Rückübertragung des Gemeindeguts einbrachten. Eine Befassung des Tiroler Landtags mit diesem Dringlichkeitsantrag wurde jedoch von DDr. Herwig van Staa in seiner damaligen Funktion als Landtagspräsident durch eine wohl parteipolitisch motivierte Auslegung der Geschäftsordnung verhindert.

ÖkR Eduard WALLNÖFER

Wallnöfer

geboren am 11. Dezember 1913 in Schluderns, Südtirol. Er begann seine Karriere in den 1930er Jahren als Sekretär in der Landwirtschaftskammer und war ab 1945 Gemeinderat in Mieming. 1949 zog er in den Tiroler Landtag ein und wurde 1958 zum Obmann des Tiroler Bauernbundes gewählt. Eduard Wallnöfer trat 1963 die Nachfolge des überraschend verstorbenen Landeshauptmannes Hans Tschiggfrey an und übergab das Amt 1987 krankheitshalber an Alois Partl. Ein Jahr später trat er als Bauernbundobmann zurück. Wallnöfer verstarb 1989.

Dass Wallnöfer über seinen Antrag vom 30.06.1938 am 01.01.1941 in die NSDAP-Ortsgruppe Imst aufgenommen wurde, ist einer breiten Öffentlichkeit erst im Jahr 2005 bekannt geworden. Nach 1945 setzte die Tiroler Landesregierung die unter nationalsozialistischer Herrschaft in Osttirol begonnenen Enteignungen von Gemeinden in Nordtirol mit großem Eifer fort. Unübersehbar dienten diese hemmungslosen NS-Enteignungen der Osttiroler Gemeinden Wallnöfer als Drehbuch für den flächendeckenden Rechtsbruch in Nordtirol.

Wallnöfer gab sich erfolgreich als charismatischer Landesfürst, der ausgestattet mit absoluten Mehrheiten im Land ohne oppositionelles Korrektiv regieren konnte. Neben seiner Funktion als Landeshauptmann bekleidete er sämtliche wichtigen Führungsfunktionen im Land wie unter anderem ÖVP-Landesparteiobmann, Klubobmann der ÖVP im Tiroler Landestag, Aufsichtsratsvorsitzender der TIWAG und der Hypobank Tirol, Obmann des Tiroler Bauernbundes, etc.

Der ehemalige Innsbrucker Stadtrat Willi Steidl charakterisierte ihn durchaus zutreffend wie folgt:

„Das Faszinierende an Wallnöfer war seine tiefe Verwurzelung in der bäuerlichen Welt bei gleichzeitiger Aufgeschlossenheit für alle Erscheinungen der modernen Politik.“

Über beharrliches und machtvolles Betreiben Wallnöfers verschob die Tiroler Agrarbehörde Gemeindegründe im Ausmaß von mehr als 2.000 Quadratkilometern (Wald und Wiesen), eine Fläche größer als Osttirol, [wie der VfGH ausführte:] „offenkundig“ – also für jedermann erkennbar – „verfassungswidrig“ an Agrargemeinschaften und somit in die Hand weniger alteingesessener Bauern, traditionell treue Mitglieder des Tiroler Bauernbunds.

Wallnöfer vermochte das in seiner Antrittsrede als Landeshauptmann am 13. Juli 1963 gegebene Versprechen: „Ich werde bemüht sein, das Recht zu achten und eine Politik der Wahrheit und der Rechtschaffenheit zu führen“ keineswegs zu halten, waren doch für ihn bei den Enteignungen der Gemeinden Verfassungstreue und gesetzmäßiges Handeln weder Anliegen noch vorrangiges Thema.

Insoweit erweist sich der dem Landeshauptmann zugeschriebene Ausspruch, man könne das Land Tirol nur regieren, wenn man täglich ein Gesetz übertritt (so in der Zeitschrift „Wir Tiroler“ 04/1995 zitiert), mehr als politische Leitlinie und grausame Realität denn als liebenswürdiges Bonmont.

 Seine Rolle im „Agrarstreit“ als skrupelloser Klientelpolitiker wurde insbesondere nach dem 2008 ergangenen VfGH-Erkenntnis Mieders I medial abgehandelt (vgl. etwa den in ECHO 2-12 Seite 14-19 _02/2012 erschiedenen Artikel Wallnöfer – Entzauberter Mythos).

Dr. Wendelin WEINGARTNER

Wingartner

trat 1963 als Jurist in den Verwaltungsdienst des Amtes der Tiroler Landesregierung ein,  von 1964 bis 1966 war er beim Verwaltungsgerichtshof in Wien tätig, war dann Mitglied der Tiroler Landesregierung; 1984 Vorstandsvorsitzender der Landes-Hypothekenbank. Von 1991 bis 1. Juli 2000 war er Obmann der ÖVP in Tirol, vom 24. 09.1993 bis zum 26.10.2002 Landeshauptmann von Tirol.

Zur Gemeindegutsfrage hat Weingartner stets eine klare Position bezogen. So führte er in einem am 14.03.2006 in der Zeitung „Die Neue“ aus:

„Entscheidend ist, dass in den Regulierungsbescheiden festgestellt wurde, dass das Eigentum am Regulierungsgrund von der Gemeinde an die neugebildete Agrargemeinschaft übergehe. Damit wurden plötzlich Agrargemeinschaften zu Eigentümern des ehemaligen Gemeindegutes. Eine Rechtsgrundlage für diese Eigentumsübertragung findet sich in keinem Gesetz. Dies haben auch Höchstgerichte in mehreren Entscheidungen festgestellt.

Interessant ist, dass sich einige Gemeinden (ZB Fiss, St. Anton, Sölden, Gries am Brenner, Kaunertal, Heiterwang) gegen die Eigentumsübertragung gewehrt haben und Eigentümer des Gemeindegutes geblieben sind. [….] Unbefriedigend ist jedenfalls, dass jene Gemeinden, die auf die Richtigkeit behördlicher Entscheidungen vertraut haben, gegenüber jenen, die sich gewehrt haben, im Nachteil sind. Unbefriedigend ist auch, dass ein juristischer Handstreich den Gemeinden viele Gestaltungsmöglichkeiten genommen hat. Dies etwa dann, wenn heutiger Agrargemeinschaftsgrund in Bauland umgewidmet werden soll. Eine neue Regelung müsste das Ziel haben, dass die Nutzungsrechte der Bauern garantiert werden, dass aber das ehemalige Gemeindegut auch den Interessen der Gemeinde und damit allen Bürgern dienen kann.“

Dr. Rudolf WIESER

Wieser

stand dem Tiroler Jägerverband 18 Jahre lang als Landesjägermeister vor und führte viele Jahre bis zu seinem Ableben im Juli 2011 höchst erfolgreich eine Rechtsanwaltskanzlei in Innsbruck.

Der streitbare Jurist nahm sich in einem in der Zeitschrift ECHO Nr. 06/2009 erschienenen Interview in Bezug auf die gesetzlos und verfassungswidrig erfolgte Verschiebung von Gemeindegut auf Agrargemeinschaften kein Blatt vor den Mund:

„Die Eigentumsübertragungen von Gemeindegrund an die Agrargemeinschaften werden immer wieder als gesetzwidrig bezeichnet, in Wirklichkeit sind sie noch unberechtigter, nämlich sogar „gesetzlos“ erfolgt. Kein Agrarjurist kann mir eine Gesetzesbestimmung sagen, die diese Enteignung ermöglicht hätte. Ohne eine weisungsgebundene Agrarbehörde und dort tätige Juristen wäre das unmöglich gewesen. Weitere Voraussetzung war, dass in mehr als 90 Prozent der Regulierungsfälle kein Gemeinderat damit befasst wurde. Als Vertreter der Gemeinde, die ja auch Wald genutzt hat, galt ex lege nicht der Bürgermeister, sondern der für das Verfahren von der Landesregierung als Gemeindeaufsichtsbehörde bestellte Gemeindekommissar, der für das gesamte Regulierungsverfahren für die Gemeinde das Sagen hatte. Diese rechtlich überforderten Kommissäre waren gesetzlich ermächtigt, Vereinbarungen und Vergleiche für die Gemeinde abzuschließen. Diese Ermächtigung hatte jedoch nicht das Recht zum Inhalt, das Eigentum der Gemeinde an die Nutzungsberechtigten zu übertragen.

Das VFGH–Erkenntnis (Anm.: Mieders I) lässt nur eine Auslegung zu, nämlich die Beseitigung ‚des größten Vermögensskandals der Zweiten Republik‘, wie die Vermögensverschiebung von diversen Gemeinden zu den Agrargemeinschaft vom Wochenmagazin Profil bezeichnet wurde.“

Georg WILLI

Willi

war für „Die Grünen“ von 1989–1994 Mitglied des Gemeinderates der Landeshauptstadt Innsbruck, von 1994–2013 Abgeordneter zum Tiroler Landtag und von 1994–2012 Klubobmann des Tiroler Landtagsklubs der Grünen, von 2013 bis 2017 Abgeordneter zum Nationalrat und ist seit Mai 2018 Bürgermeister der Stadt Innsbruck.

Georg Willi hat insbesondere im Rahmen seiner Tätigkeit als Gemeinde- und Landespolitiker im Zusammenwirken mit der „Liste Fritz“ das Agrarthema auf die politische Bühne gehoben (Willi: „Der größte Kriminalfall Tirols“) und dadurch beharrlich die Öffentlichkeit über die Verfassungswídrigkeit der erfolgten Übertragungen des Eigentums am Gemeindegut auf die Agrargemeinschaften eindringlich informiert.