Die Rechtsprechung des VwGH zur Hauptteilung

42 Abs 2 TFLG 1996 definiert die in den §§ 42 bis 48 TFLG geregelte Hauptteilung als „Auseinandersetzung zwischen der Gemeinde (Ortschaft oder Gemeindeteil) und einer Agrargemeinschaft oder zwischen mehreren Agrargemeinschaften“. Die Hauptteilung führt zum Ausscheiden der Gemeinde aus der Agrargemeinschaft und stets zur Aufteilung des Gemeindeguts in Grundflächen, die einerseits im nicht durch Nutzungsrechte belasteten Alleineigentum der Gemeinde und andererseits im Alleineigentum der fortbestehenden Agrargemeinschaft stehen (§ 42 Abs 5 TFLG 1996; vgl Kienberger, Das Gemeindegut als Verfassungsproblem [LexisNexis 2018], Kap. VII./B./7., S 55).

Für die Annahme, es sei eine Hauptteilung vorgenommen worden und damit die Eigenschaft des betroffenen Gebietes als Gemeindegut beendet, kommt es nicht auf den Titel des Aktes, sondern vielmehr auf den Inhalt der mit ihm verfügten rechtserheblichen Vorgänge an. Diese Prüfung hat naturgemäß immer einzelfallbezogen zu erfolgen.

Für das Vorliegen einer Hauptteilung sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgende Aspekte als entscheidend anzusehen:

1. Notwendigkeit der Erfassung des gesamten Gemeindeguts:

  • Die Hauptteilung hat das gesamte Gemeindegut zu erfassen, da sich eine Hauptteilung oder ein „einer Hauptteilung gleichkommender Akt“ allein und ausschließlich auf die Grundstücke, deren Gemeindegutseigenschaft feststeht, beziehen muss. Von Nutzungsrechten unbelastete Gemeindegrundstücke dürfen in das Verfahre nicht einbezogen werden.
  • Ein Regulierungsbescheid, der zwar mit „Hauptteilung“ überschrieben ist, inhaltlich aber nur die Belassung von (schon bestandenem) Gemeindevermögen bei der Gemeinde umfasst, also nichts mit der Hauptteilung von Gemeindegut zu tun hat, kann nicht dazu führen, dass „wegen einer Hauptteilung“ die Qualifikation als Gemeindegutsagrargemeinschaft iSd § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 wegfällt (siehe HISTORIE/Feststellungsverfahren).

2. Zwingende Durchführung einer vermögensrechtlichen Auseinandersetzung zwischen Gemeinde und Agrargemeinschaft mit Wertermittlung und wertadäquater Abfindung für die Rechte der Gemeinde:

  • Es muss eine entsprechende Auseinandersetzung zwischen den Vertragsparteien (unter anderem mit Ermittlung des Werts der Grundflächen des Gemeindeguts und der Zutei­lung unbelasteten Grundes an die Gemeinde als Folge der Entlastung der Grundflächen) stattgefunden haben. Mit anderen Worten muss die Gemeinde dem Wert ihrer (festgestellten) Rechte, insbesondere des Eigentumsrechts an Grund und Boden, entsprechend abgefunden werden.
  • Findet also keine oder nur eine unverhältnismäßig geringfügige Abfindung der Gemeinde statt, so liegt keine zum Untergang der Gemeindegutseigenschaft führende Hauptteilung vor.
  • Daher verliert ein Hauptteilungsplan, wenn ein (nicht unbeträchtlicher) Teil der von ihm betroffenen Grundstücke keine wirtschaftlich adäquate Abfindung für die Rechte der Gemeinde am Gemeindegut darstellen kann, den Charakter eines „Hauptteilungsplanes“ iSd § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 Tir FlVfLG 1996.

3. Vorliegen eines behördlichen Akts:

  • Weiters notwendig ist das Vorliegen eines behördlichen Akts, wie zB – abgesehen von einer bescheidmäßigen Hauptteilung, die den „Idealfall“ darstellt – die agrarbehördliche Genehmigung eines Parteienübereinkommens. Entscheidend ist aber stets, ob es zu einer entsprechenden Vermögensauseinandersetzung gekommen ist, die zum Ergebnis hatte, dass die Gemeinde dem Wert ihrer (festgestellten) Rechte entsprechend abgefunden wurde.
  • Nur ein solcherart die Eigenschaft als Gemeindegut beendender, rechtskräftiger Akt kann zum Wegfall der Qualifikation als Gemeindegutsagrargemeinschaft führen.
 

Siehe dazu:

 

Anmerkung:

Ein Gemeinderatsbeschluss ist (lediglich) als Zustimmung zu der von der Agrarbehörde mit Bescheid vorgenommenen Eigentumsübertragung, nicht aber auf eine auf den Abschluss eines Vertrages gerichtete Willenserklärung zu werten (Kienberger, Das Gemeindegut als Verfassungsproblem [NexisLexis 2018], S 28; vgl auch VwGH 15.09.2011, 2010/070106).

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Gemeindeland in Gemeindehand: überparteilicher und unabhängiger Verein – ZVR-Zahl 1505804346

Redaktion: Dipl.-Ing. Leonhard Steiger, Forstwirt & Dr. Werner Lux, Jurist


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Der überparteiliche Verein „Gemeindeland in Gemeindehand“ hat die Homepage www.agrarpapers.tirol erstellt, auf der zeitlich geordnet der „größte Kriminalfall Tirols“ (Zitat Georg Willi, Bürgermeister von Innsbruck) dokumentiert ist. Es handelt sich um großflächige verfassungswidrige Eigentumsübertragungen von öffentlichem Eigentum (Gemeindeeigentum) hin zu Agrargemeinschaften. Die eingehenden Recherchen, die sich auf umfangreiche Grundbuchserhebungen des Tiroler Gemeindeverbandes und höchstgerichtliche Erkenntnisse stützen, zeigen grobe Fehlleistungen der Tiroler Agrarpolitik und der Tiroler Agrarbehörde auf und dokumentieren erstmals die erschreckende Dimension der damit einhergegangenen Gemeindeenteignungen.

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